von Gerd Matalla
Was macht man mit so einem schönen Wochenende, an dem man eigentlich in Thüringen am Rennsteig laufen wollte? Dort hätte heute Europas größter Landschaftslauf, der Rennsteiglauf stattfinden sollen. Ein Lauf mit Tradition seit 1973, mittlerweile jährlicher Treffunkt von 15 000 Läufern und Wanderern. Die üblichen Strecken auf dem Rennsteig sind Halbmarathon (21 km), Marathon (42 km) und Supermarathon (74 km). Daneben verschiedene Angebote an Walker und Wanderer.
Für viele Saalekreisläufer ist das teils schon seit DDR-Zeiten ein feststehender Termin. Herauszuheben ist beispielsweise das Rennsteig-Urgestein Hendrik Weber, mit 36 Teilnahmen, davon 28 Mal der Supermarathon.
Am Abend nach den Läufen gibt es verschiedene Läuferpartys. Die legendärste findet immer am für alle Strecken gemeinsamen Zielort Schmiedefeld statt. Ein Riesen-Festzelt mit ca. 1000 Läufern, die dort – sofern es die Kräfte noch zulassen – die Sau rauslassen. Eine Wahnsinns-Stimmung. Man könnte denken alle besoffen. In Wirklichkeit dürften hier unter den Sportlern eher Glückshormone als Alkohol ihre Wirkung tun.
Doch das alles kann es 2020 leider nicht geben.
Für dieses Jahr hat sich der veranstaltende Rennsteiglaufverein ein virtuelles Rennen ausgedacht: Jeder läuft an seinem Ort sein individuelles Rennen: RENNSTEIGLAUFatHOME
Um trotzdem ein bisschen Rennsteiglauf-Stimmung zu haben, beschlossen wir in der Beunaer Laufgruppe die Strecke vom Rennsteig in das Geiseltal zu verlegen. Zur Organisation wurde kurzerhand eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet und jeder, egal in welchem Verein, der hier eine Idee beisteuern wollte oder sich einfach informieren wollte, konnte beitreten.
Schnell kamen wir überein, die drei Strecken durch Geiseltalsee-Runden zu ersetzen, also ein, zwei oder drei Runden, wobei eine Runde ziemlich genau 25 km sind. Die meisten entschieden sich für eine Runde – ist ja eigentlich lang genug. Es gab aber auch zwei Läufer, die einen Marathon wählten und nochmal zwei, die tatsächlich drei Runden (= 75 km) schaffen wollten: Jens Hirschelmann und Dr. Sven Reißig.
Organisiert werden musste die Strecken-Verpflegung, die es am Rennsteig alle paar Kilometer gibt. Kann man einen Halbmarathon bei ausreichend Training noch ohne Verpflegung bewältigen, ist das beim Marathon oder ganz und gar 75 km nicht mehr möglich. Das wurde per Fahrradbegleitung und an der Strecke wartende Angehörige gelöst.
Und dann blieb noch die Läuferparty, von der wir trotz Abstandsgebot etwas rüber retten wollten…
Insgesamt fanden sich über 25 Sportler, die dabei sein wollten. Sie bildeten kleine Gruppen, je nach Anzahl der Runden und Tempo. So war gleichzeitig sichergestellt, dass Corona-gerecht nicht mehr als 5 Leute nebeneinander laufen.
Als gemeinsamer Zielort einigte man sich auf den Strand von Frankleben. Alle wollten am Nachmittag dort sein. Egal welche Strecke, egal wie schnell, fanden wir uns danach dort zusammen. Auch wenn es keine Umarmungen für die vollbrachten Leistungen gab, teilten wir die Freude, die jeweilige Strecke geschafft zu haben.
Und weil irgendwie jeder seine Strecke geschafft hat, gab es für jeden eine Medaille – fast wie sonst am Rennsteig. Die hatte Sven vorher im Home-Office selber gefertigt. Sie waren eigentlich noch schöner als die Originale vom Rennsteig.
Läufer können sich unter dem Einfluss ihrer Endorphine freuen wie die Kinder; so war das eine ganz tolle Belohnung.
Egon Hofmann organisierte eine Tombola mit lauter kleinen Preisen. Kaffee und Sekt waren auch da und so wurde die eigentlich ausgefallene Laufveranstaltung zu einer der schönsten at Home.
Die Ergebnisse gibt es hier.