von Gerd Matalla
Es gab ja viele Mails mit Vorschlägen, was man alles machen kann, um trotz der Corona-bedingten Isolation nicht einzurosten. Videos vom Fitnessstudio, virtuelle Läufe von den verschiedensten Anbietern, verschobene Wettkampfankündigungen und mehr. Da ging die eine bei mir fast unter:
Gedanklich hatte ich die Idee zwar kurz mit der Laufgruppe in Verbindung gebracht, aber nicht so richtig ernst genommen. Allerdings tat sich schon nach kurzer Zeit was in der Läufer-WhatsApp-Gruppe, die wir sonst für allerlei organisatorische Abstimmungen nutzen. Am 20. Januar kam der erste Vorschlag da mitzumachen. Bald kam der nächste Beitrag, dass es doch eine gute Motivation wäre. Und „Sollen wir nicht…“
Es war ja auch irgendwie naheliegend. Viele von uns waren sowieso mehrmals die Woche unterwegs und machten ihre Runden. In diesen Zeiten leider oft alleine. Manche als Spaziergang, manche als Tempotraining oder langsam als Ausdauertraining oder auch mit dem Hund. Für diesen Zweck hier war das völlig egal. Es kam nur darauf an, die Aktivitäten mit den zurückgelegten Kilometern zu erfassen. Es brauchte jemanden der sammelte und aufschrieb.
Da, wie es schien, mehrere in der Gruppe von der Idee angetan waren, musste es eigentlich nur noch einer aussprechen: „JA, wir machen mit!“
Digitale Fotos sortieren und verwalten, Screenshots erstellen, das kann ich. Die zurückgelegten Kilometer in einer Tabelle erfassen, das kann mein Lieblingsspielzeug, der PC gut. Die Organisatoren der Aktion kenne ich auch und habe ohnehin regelmäßig Kontakt zu ihnen, so dass es kein Problem war die Daten dorthin zu übermitteln.
Wer sollte also das JA von sich geben, wenn ich es jetzt nicht tue.
Also raffte ich mich auf und teilte in kurzer Form mit, dass ich die Aktivitäten sammeln würde und die Kilometer dann an den KSB gebe. „Ihr braucht nur eure Aktivitäten an mich zu schicken. Ich mache das.“
Wie sich bald zeigen sollte, war das etwas leichtsinnig…
Vom KSB erhielt ich eine Vorgabe wie die Tabelle auszusehen hatte, außerdem war festgelegt wie die Beweisbilder zu benennen waren. Es musste geprüft werden, dass zu jeder Aktivität auch ein Beweisfoto existiert. Das wiederum musste den Vorgaben des KSB entsprechen: keine Tageszusammenfassungen von irgendwelchen Schrittzählern, die auf Kilometer umrechnen; keine gemeinsam erstellten Nachweise für mehrere Läufer, die zusammen unterwegs waren usw.
Manche schickten Fotos ihrer Laufuhren, manche Screenshots von ihrer Lauf-App vom Handy. Manche schickten das per WhatsApp, manche per Mail. Manche sofort nach der Runde, manche zusammengefasst nach mehreren Tagen. Dann gab es noch einige die Ihre Aktivitäten auf Online-Portalen im Internet teilten, bei Garmin oder Strava. Also Einverständnis einholen und dort regelmäßig gucken und Screenshots als Beweis erstellen.
Der nächste Gedanke war, was ist mit Lauffreunden, die nicht Mitglied in unserer Laufgruppe sind, aber ihre Kilometer uns doch spenden könnten. Die Kilometer konnten nämlich nur über einen Verein geltend gemacht werden. Wir fragten vorsichtig hier und da an – mit Erfolg. Einige freuten sich, auf diese Weise an der Aktion beteiligt zu sein.
Dann ging es los. Schon am ersten Tag, einem Sonnabend, kamen insgesamt sieben Meldungen zusammen mit insgesamt 90 km. Die Excel-Tabelle nahm schnell Gestalt an und begann sich zu füllen. Auch am zweiten Tag ging es so weiter. Es wurden sogar mehr Meldungen. Irgendwie schien jede Meldung zu noch mehr Anreiz zum Sammeln zu führen.
Nach dem fünften Tag veröffentlichte der KSB eine erste Zwischenbilanz und die war erstaunlich. Offensichtlich mobilisierten einige Sportvereine alles, um hier zu Kilometern zu kommen. Überhaupt zeigte sich, dass die ganze Aktion eine Dimension annahm, die sich vorher keiner ausgemalt hat. Hat der KSB sich damit übernommen? Auch wenn hier einige Sportvereine ihre Aktionen vorher zusammenfassten, musste es für den KSB doch eine riesige Aufgabe sein, hier nicht den Überblick zu verlieren. Aber das war nicht mein Problem. Ich wollte nur alle Kilometer unserer Laufgruppe mit den dazugehörigen Unterstützern einsammeln.
Um alle auf dem aktuellen Stand zu halten, schrieb ich jeden Abend eine Mitteilung in die Gruppe mit den bis dahin erreichten Kilometern.
Unter der Woche ließen die Meldungen zwar etwas nach (manchmal gab es ja auch noch andere Dinge außer Laufen), aber im Großen und Ganzen schien es, als wenn sich hier alle gegenseitig motivierten und zu immer noch mehr Kilometern anstachelten.
Ende der ersten Februar-Woche kam dann der große Wintereinbruch mit Massen an Schnee. Also schlechte Bedingungen für das Laufen. Zu meinem Erstaunen führte aber selbst das nicht zu einem nennenswerten Einbruch bei den Kilometern. Hier und da ging es etwas langsamer voran auf den nicht mehr belaufbaren Wegen, an ein Nachlassen bei den Kilometern war jedoch nicht zu denken. Außerdem kamen einige Aktivitäten auf Skiern dazu. Die waren in der Ausschreibung zwar nicht vorgesehen, ich hatte uns aber schon beizeiten vom Veranstalter zusichern lassen, dass auch diese zählen.
Vor den Wochenenden wurden in der Gruppe Ziele geäußert: Schaffen wir 2000 km? Kommen wir dieses Wochenende auf 3000 km? Es schien als nahm der Ehrgeiz immer weiter zu. – Wir haben diese Ziele immer überboten!
Mitte Februar zeigte sich bei einem veröffentlichten Zwischenstand des KSB, dass wir zwar nicht schlecht lagen, dass es aber durchaus Vereine gab, die noch mehr Kilometer sammelten als wir. War ja auch nicht verwunderlich. Bei uns beteiligten sich bisher 30 Kilometersammler, in manchen Vereinen ein paar Hundert. Allerdings schien es auch, als ob unsere Laufgruppe innerhalb des SV Beuna nicht allein war. Da waren Kilometer, die gar nicht von uns gemeldet waren.
Eines Abends rief ich Maik Heinel, den Verantwortlichen beim KSB, an. Das war interessant. Der KSB war geradezu überrollt worden von der Aktion. Bis zum 18.2. gab es unglaubliche 25000 gemeldete Aktivitäten. Von unserer Laufgruppe stammten bis dahin gerademal 450. Wie sich aber der veröffentlichten Statistik entnehmen ließ, waren unsere zurückgelegten Strecken im Durchschnitt deutlich länger als die der anderen Vereine. Naja, wir sind eben eine Laufgruppe.
Und noch etwas konnte ich in Erfahrung bringen: Für den SV Beuna waren die Mitglieder der Abteilung „Tanzzauber“ sehr aktiv. Die konnten also nicht nur auf sehr hohem Niveau tanzen, die konnten auch laufen und wandern. Und dazu scheinbar noch viele andere Teilnehmer mit ihrem Enthusiasmus anstecken.
Am Montag der letzten Aktionswoche gab es dann die neue Zielstellung in der Laufgruppe: Wir wollten bis morgen die 5000 knacken. Mittlerweile herrschte bestes Frühlingswetter, aber dieses Ziel setzte einen neuen Kilometerrekord an einem Wochentag voraus. Auch das klappte!
Jetzt ging es aufs Ende zu und wir wurden wegen der erreichten Zwischenziele ein wenig übermütig. Eine Hochrechnung ergab, dass bis zum Ende der Woche und damit bis zum Ende der Aktion 6000 km drin wären. Natürlich nur wenn diese Sammelwut nicht nachlässt.
Sie ließ nicht nach. Da musste der Hund noch ein drittes Mal am Tag raus. Da wurde der Weg zur Arbeit statt mit Auto zu Fuß zurückgelegt und nach Feierabend wurde noch eine Wanderung eingeschoben.
Am Ende waren 18 Mitglieder unserer Laufgruppe beteiligt. Unterstützt wurden wir von 16 weiteren Sportlern, die zwar nicht Mitglied im Verein sind, aber oft mit uns zusammen trainiert haben oder einfach bloß gute Sportfreunde sind.
Vielen Dank an jeden einzelnen, egal wie viele Kilometer er/sie beigesteuert hat!
Jede Aktivität erfordert, dass man sich aufrafft und diesen berühmten ersten und schwersten Schritt vor die Haustür setzt.
Danke auch an die Organisatoren bei unserem Kreissportbund. Für sie wird die Aktion noch ein paar Tage länger dauern, bis alle Daten ausgewertet sind.
Insgesamt kamen in unserer Laufgruppe 705 Aktivitäten zusammen: Laufen, Wandern, Walken, Skilaufen, mit insgesamt
6 356,17 km
Unter dem Strich war das eine riesige Aktion. Obwohl während der Corona-Zeit gemeinsames Laufen weitgehend unmöglich war, hatte man trotzdem immer das Gefühl in einer Gemeinschaft zu laufen, gemeinsam in unserer Laufgruppe mit einem gemeinsamen Ziel.
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5.3.2021
Platz 9 für unseren Verein
Über 186 km pro Teilnehmer, das wurde nur von einem einzigen der 91 Vereine überboten.
insgesamt: